„Dichten ist zeugen"

(Novalis)

Ein Wort sagt mehr als tausend Bilder. Wörter können abertausende Bilder entstehen lassen.
Und Fragen, Millionen von Fragen offen lassen.
Was ist das Leben anderes als immer wieder Neues zu gebären und damit immer nur neue Fragen aufzuwirbeln?
FEUERZELT (Die Macht) 1994

Schreien die Sterne
   stemmt der Bär
   die Laute hoch

schwimmt Ton
Branderde kocht
Grundtöne
   Singende Kohle

Fernab streiten die Bienen       leuchten
   im Netz

Faß mich nicht an
Ich trinke

NACH STERNE SUCHT (1995) (5 Gedichte & ein Postskript aus dem unveröffentlichten Gedichtband STERNE BILDER)

1. (NOVEMBER)
Das Gelblicht verfallener Burgen
   ein Strahl
   ein Laser       glaubhaft
   am Vorabend
Verlorene Seelen
wie Nadelstiche an schwarzem Samt
Ein Sternbild

2. (FIRMAMENT)
nagelgepolstert
nähmaschinengenagelt
und mottengelocht
Eine Fliege kommt durch
Der Sterneblitz schickt die
   Flügel zur Faltung
betende Hände
zusammengenäht

3. (NACHTHIMMEL)
ein gespickter Nadelpolster
Blutendes Fett
   auf löchrigen Plakaten vor Neonwänden
Brandzeichende Schlagzeilen
Glühende Grillgitter
triff mich!
Mein Muttermal ist Landeplatz

Die Kugel meint Zentrum als
   Diskus geworfen

4. (VULKANFRIEDHOF)
Der Schleier
lächelt
The Dark Side of the Moon
ist glühende Lava
   unter Wolken aus Ruß und Staub
Wer bläst den Wind?
Wer sticht das Staubschiff?
Der Untergang des Rostes
ließe eiserne Kreuze leucten
für mich

5. (GRÄBERFELD)
Flackerndes Leben
   in ausgestochenen Kürbissen
Die Erde löchrig
   aber dicht
Kein Licht im Zentrum der Kugel?
Das Sternbild ist leuchtende Lava
   hinter individuell gestochenem Klöppelsamt
Alle Kreuze verschieden
Der Boden gleicher als gleich
   firmamentendicht
Die vorgehangene Borte ziert einzig
   nur das immer gleiche
      Leben

ERINNERUNG I - III (1994)
ERINNERUNG I
Fliegt am Abend
   die Sonne zurück
hält nur der Atem
   die zunge warm

zerbissene Lippen
   pressen den Atem
   am Mundwinkel vorbei
   in die Freiheit

Die Sonne kommt Morgen
   wenn der frühe Atem
   nach getrocknetem Blut schmeckt
   die Zunge dick vor Atemnot
   und die Mundwinkel flüstern

der Kuß von gestern...

ERINNERUNG II
Wenn die Härchen
                 hochkommen
Wenn warme Erinnerung
                 aufsteigt
Wenn das Blut langsam
                 den hahn zieht

bleibt nur eine kleine Stelle
   unbetroffen
   (das Herz des Archill)

   Kalt
   wo deine Hand
   berührte

ERINNERUNG III
Seltsam
Der Nebel
Gerade noch strahlende Augen
jetzt zwei Raben im Schneefeld
Graben sich ein für den Winter

Und haben nichts gesammelt
   an Vorrat
als die Erinnerung

(diese Gedichte habe ich in 3 Liedern für gemischten Chor vertont. Einige Partiturseiten der Komposition können Sie im Kompositionsordner unter ansehen und ausdrucken.)

ZUSPRUCH (für Lene) (1994)

Fischgefütterter Wassermann
Ärztliches Wasser
   es macht nicht satt
Der mond steht
   auf der anderen Seite
Doch
   so besteinige Dich nicht
Dein
   längerer Atem pustet
   die Sonnenblume

   steinebrecht

WASSERMANN (1994)

Ich höre dich nicht
  Das Wasser ist viel zu tief
  Wenn Du auftauchst
  benetze meine Ohren
Ich bin krank
  Die Zeichen der Sterne
  schwimmen wie Fischaugen
  im Suppensud
Ich kann sie nicht lesen

Meine Nase aber gehört der Tiele
Ich rieche es
Dein zepter steckt tief in meinem Herzen

FÖHNSTURM (1995)

Da preßt die drückende Decke aus Nägeldaunen
   einen gelben Streifen durch die
   Lippen des Horizonts

   Wie Glyzerin in der Wasserwaage

Da läßt ein ohrfelliger Trommelwirbelwind
   die Halsschläge plustern und
   zeichnet die Silhouette der Stand

   Wie singende Zähne der zeit

   kettensägend

BIERGARTEN (1994)

Blätter blinseln
Der Grünspan ist echt

Wackelig lernt der Tisch
   seine zeche ertragen

raunend       klirrend
   der Schotter stöhnt

Schon löscht
   ein Schaum
   die Ratten vom Tisch
Spinnen befrage
   die Räder der zeit

In Wahrheit blinseln sie

und der Grünspan nickt leise

WEIN (1995)
hängende Reben
fragend
wie lang sind Träume?

glaslang?
flaschengrün?
faßbar?

wie rinnendes Leben
    keine Antwort
INDIVIDUUM V (1995)

Weil nach Möglichkeiten suche
daß trotz übermächtiger Masse erreiche
daß individuellen Ausruck erreiche
indem nach neuen Ausdrucknsmöglichkeiten suche
habe trotz Übermacht beschlossen
daß Gedichte schreibe

damit werde wie

ich

(dieses Gedicht habe ich als Text in "The Composers Symphony" für Blasorchester verwendet.)

INDA STOOD (2002)

inda stood iss oiwei so höö

roode
gööbe
greane
blaue liachdda
übaroi

des warad wos:
a schwoazze glüübirn!

draasdas auf -

- wiads finnsda...